Vorbereitung auf eine lange Reise

Veröffentlicht: September 13, 2015 in Uncategorized

Im September 2014 – habe ich mir überlegt, dass es eine gute Idee wäre, mit dem Fahrrad eine längere Reise zu machen. Inspiriert durch eine Bekannte, die mit dem Fahrrad von Hamburg nach Kapstadt gefahren ist, fand ich den Gedanken an eine lange Fahrradreise unglaublich spannend.

Bisher habe ich noch nie eine lange Reise mit dem Fahrrad unternommen und ich musste noch nie mehr an meinen Rädern reparieren als einen Schlauch auswechseln oder mal ein paar Bremsscheiben austauschen. Der Gedanke war daher naheliegend, lieber etwas mehr Geld auszugeben für ein Bike das nicht kaputt geht, als etwas weniger Geld auszugeben für ein Bike das ich häufiger reparieren muss.

Nach einiger Recherche im Internet habe ich mich dann also für ein ToutTerrain Silkroad GT entschieden. Umbedingt mit Rennrad-Lenker, da meine Handgelenke mit den normalen Lenkern nicht so gut klar kommen.. ich finde die Haltung am Rennradlenker wesentlich natürlicher. Das Teil ist recht schwer, weil es einen Stahlrahmen hat – aber man sagt, einen Stahlrahmen kann man überall auf der Welt mal wieder zusammenschweissen, falls er dann doch mal bricht.

Damit an so einem Bike möglichst wenig kaputt geht, schwören viele Leute auf eine sogenannte Rohloff Schaltung. Das kann man sich vorstellen wie ein in sich abgeschlossenes Schaltgetriebe anstatt einer normalen Gangschaltung. Der Vorteil ist, dass das Teil in sich geschlossen ist und als Nabe im Hinterrad montiert werden kann… dadurch kann kein Dreck rein kommen und folglich gibt es sehr wenig Verschleiss. Ein guter Gedanke.

Um mir noch den Rücken mit etwas mehr Fachwissen zu stärken habe ich das bike bei einem Fahrradladen hier in Basel bestellt die sehr viel Werbung mit Langstreckenradlern machen. Dann müssten die ja auch eigentlich Erfahrung haben mit so einem Bike, war der Gedanke. Ich hab mir also mein Wunschbike im Internet konfiguriert und bin damit zum Velo-Dealer meines Vertrauens gegangen. Nach einer ca 1.5 Stündigen Beratung wurde ich in all meinen Gedankengängen bestärkt und ich hab das Bike bestellt. Das war Ende September 2014.

10.12.2014 – Das Bike ist im Laden eingetroffen und kann abgeholt werden. Was für ein Tag!! Selbstverständlich habe ich mich so schnell wie möglich von der Arbeit geschlichen, um mein Bike in Empfang zu nehmen.. und da stand es dann, in einem roten Seidentuch eingewickelt – wunderschön 🙂 dann gab es noch eine kurze Instruktion und eine Vermessung meines Gesässes, damit der Sattel auch wirklich gut sitzt – und auf ging es zu meiner ersten Fahrt nach Hause… Naja… eigentlich bin ich heim gelaufen, weil die Schaltung kaputt war und ich nach 200 Metern zwar runter schalten konnte, aber nicht mehr hoch. Also ging das Bike ne knappen Stunde nachdem ich es aus dem Seidentuch gewickelt hatte, erstmal zurück zum Velo-Dealer meines Vertrauens.

She was queen for about an hour..  

15.12.2014 – Scheinbar ist die Schaltbox defekt gewesen. Zur Erklärung.. wenn man so eine Rohloff-Schaltung ansteuern möchte, muss man das mit einer speziellen Schaltbox und einem Drehgriff machen. ToutTerrain hat dazu etwas eigenes entwickelt, was auch auf einen Rennrad-Lenker passt (das Original von Roholff ist nicht für Rennradlenker ausgelegt) –  Sogenannte R:Shifter und eine Schaltbox dazu.

18.12.2014 – Die Schaltbox ist ausgetauscht, das Bike sollte funktionieren. Wetterbedingt war dann aber erstmal keine längere Probefahrt mehr möglich, also stand das Teil dann erstmal ne Weile in meinem Wohnzimmer und sah gut aus.

02.03.2015 – Meine erste lange Probefahrt mit dem neuen Bike! Ich habe mir eine Woche frei genommen und bin mit dem Zug nach Lugano gefahren, um eine Tour durch das milde Norditalien zu machen. Ich bin hin und Weg von dem Gedanken an eine ausgiebige Testfahrt. Der erste Tag verläuft angenehm, aber die Schaltung macht etwas bockig rum. Das Problem an diesen Schalthebeln ist einfach, dass sie unglaublich langsam sind.. wenn ich Bergauf fahre und ich schnell runter schalten muss ich jedes Mal die Spannung und damit mein ganzes Gewicht komplett von der Kette nehmen… das funktioniert nicht wenn man nur einen Gang pro Sekunde runter schalten kann und mit einem beladenen Bike unterwegs ist…

03.03.2015 – Ich radel zurück zum Bahnhof in Lugano. Mein Schalthebel ist abgebrochen und ich kann nurnoch mit Hilfe einer Zange schalten. Ich bin etwas frustriert von meinem unzerstörbaren Weltreisebike. Meine Freunde findens ziemlich lustig und das Thema Schaltung wird ein running gag. Der Velo Dealer meines Vertrauens überlegt sich andere Lösungen für einen Rennradlenker.

18.05.2015 – der Velo Dealer meines Vertrauens hat mir einen Drehgriff von Gilles Berthoud an meinen Rennrad Lenker gebaut. Eine gute Idee, denn diese R:Shifter haben ja wirklich keine 24h lang gehalten. Dadurch wurde ein neues Problem generiert.. man kann das Bremskabel nicht mehr zur Bremse ziehen, weil ja jetzt der Drehgriff im Weg ist. Also hat der Velo Dealer meines Vertrauens das Kabel etwas anders verlegt.

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Die Schaltung funktioniert nun einwandfrei, aber ich kann meinen Lenker nicht mehr festhalten. Sofern ich meine Hand auf der etwa 8.000 km Tour nicht bewege, eine gute Idee. Ich frage den Velo Dealer meines Vertrauens, ob er das allen Ernstes für eine gute Idee hält. Er sagt ja. Ich glaube ihm.

Da der Velo Dealer meines Vertrauens inzwischen eine gewisse Unzufriedenheit bei mir bemerken kann, präsentiert er mir eine provisorische Rechnung mit all den Leistungen die er inzwischen für mich erbracht hat – die er aber nicht verrechnen wird.. nur so zur Information für mich,  scheinbar um meine Dankbarkeit wieder herzustellen. In meinem Freundeskreis werden erste Stimmen laut, ich soll das Bike doch nun endlich komplett zurück geben.

28.05.2015 – Der Velo Dealer meines Vertrauens hat eine andere Lösungsvariante für mein Schaltproblem ermittelt, bei dem ich sogar den Lenker wieder festhalten könnte, ich müsste sie aber auf eigene Kosten organisieren irgendwo und im Internet bestellen. Ich antworte nicht mehr. Niemand in meinem Freundeskreis glaubt mehr, dass ich auf eine Fahrradreise gehen werde, mit diesem Fahrrad. Ich schlafe nicht mehr so gut, mein Job ist gekündigt und mein Nachfolger fängt ja bald an, das Bike ist nicht fahrbar.

02.06.2015 – Ich überlege mir selbst eine Lösung für mein Problem. Es gibt da wohl einen Lenker von der Firma SanNicholas der genau für diese Bremskabel Problematik gebaut wurde. Ich bestelle den Lenker. Und Warte. In Deutschland streikt die Post.

22.06.2015 – SanNicholas informiert mit, dass DHL meinen Lenker währemd dem Streik im Nirvana versenkt hat. Er gilt offiziell als verloren. Meine Freunde trauen sich nicht mehr mit mir über Fahrräder zu reden.

Juli 2015 – Ich habe den SanNicholas Lenker erhalten. Der Passt nicht mit dem Drehgriff von Gilles Berthould, weil der Drehgriff zu breit im Umfang ist. Ich kaufe mir eine Schieblehre und laufe jeden Fahrradladen zwischen Luzern und Freiburg ab, um mir eine Lösung zu überlegen.

August 2015. Ich montiere mir einen Aero-Bar und verwende Rohloff Originalteile. Sieht kriminell aus aber funktioniert super. Der original Rohloff Drehgriff ist auf dem Aero-Bar montiert. Ich zerlege meine Schaltung, Schaltboxen und die Bremsen inzwischen mit verbundenen Augen, meine Wohnung ist ein Ersatzteillager. Die Testfahrten verlaufen reibungslos. Keiner fragt mich mehr nach meinem Fahrrad.. ich war wohl etwas emotional in den letzten Monaten.

Was mich an dieser Lösung so freut ist die Tatsache, dass ich mit dem Drehgriff in einer Sekunde locker 4-5 Gänge runter oder hoch schalten kann und dass ich meine Handgelenke auf verschiedenste Weise entlasten kann. Bissi blöd ist einfach, dass das Schalten bei Schotter und Schlaglöchern etwas instabil ist, da man den Lenker mit einer Hand loslassen muss, aber immerhin spielt sich alles oberhalb vom Lenker ab und man sieht gut was man macht. Wenn man auf dem AeroBar liegt kann man sehr bequem schalten und die Handgelenke völlig entlasten.

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September 2015 – ich habe meine Ersatzteile im Griff, Bike schnurrt wie eine Miezekatze und ich denke die Tour kann kommen. Als äusserst hilfreich hat sich übrigens in letzter Zeit der follow me Laden in Lörrach herausgestellt, die mir bei der Beschaffung von Ersatzmaterial (z.B. Speichen… das Kapitel ist ungefähr nochmal so lange wie dieser Beitrag) geholfen haben. Wirklich super – auch wenn es drum ging mir ein paar technische Spezialitäten an meinem Bike zu erklären die durchaus nützlich sein werden auf der Reise und für die ich jetzt schon dankbar bin. Meine Freunde fragen manchmal wieder nach dem Fahrrad.

Ab 1. Oktober werde ich hier hoffentlich von Erlebnissen auf meiner Reise erzählen können. Soweit erstmal der Weg zum Start. Alles Weitere dann, wenn ich mal unterwegs bin.

Kommentare
  1. Sonja Demmler sagt:

    Ganz schön beladen Dein Fahrrad. Ich hoffe Du hattest heute einen erfolgreichen Tag in Lyon.

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